Die Sonne versinkt hinter der windschiefen Giebelfassade, die letzten Strahlen tänzeln über das stille Wasser der Gracht, auf der Flucht vor der alles verzerrenden Bugwelle des Motorboots, das einsam in den durch die Kanäle gleitet, begleitet vom Abendgesang der Möwen. Mit einem Glas Wein in der Hand lehne ich mich an die Bootswand und beobachte das Getümmel der Innenstadt von Amsterdam, das wie im Film an mir vorüberzieht.
So stellst du dir eine Fahrt im Motorboot in Amsterdams Grachten vor? Entspannt. Ruhig. Einsam. Weg von den Menschenmassen der Innenstadt.
Weit gefehlt! Es sei denn natürlich, du findest den Verkehr in Shibuya zur Rushhour entspannt. Oder den Times Square ruhig.
Sloepvaren (Sloep ist ein kleines Motorboot) ist in Holland Nationalsport. Wochenende, Feierabend oder einfach schönes Wetter? Tausende Holländer sind dann mit ihren Booten unterwegs und fahren herum. Bewaffnet mit Getränken und Snacks, zum Teil perfekt ausgerüstet inklusive Kühlbox und Griller, wird mit Hund, Kind und Kegel durch die Gegend geschippert.
Und Tausende Holländer können nicht irren, oder?
An einem lauen Freitagabend legen wir also mit Freunden und Picknick ab, während gerade die letzten Sonnenstrahlen verschwinden.
Nachdem wir nach einigen Navigationsschwierigkeiten die herabhängenden Äste einiger Bäume am Ufer gekürzt haben, fahren wir vom Jordaan Richtung Hauptbahnhof. Ohne Plan, eher per Zufall finden wir unseren Weg vobei an überfüllten Lokalen, der langen Schlange von Wartenden vorm Anne Frank Haus bis zu den noch hektischeren Kanälen nahe des Hauptbahnhofs.
Je näher man dem Bahnhof kommt, um so mehr der großen Stadtrundfahrtsboote kommen uns entgegen. Und auf Amsterdams Gewässern gilt anscheinend: der größere hat Vorrang. Dies macht jedes Durchfahren von Brücken zur Geduldsprobe. Denn zusätzlich zu den vielen Grachtenrundfahrtsbooten sind auch noch viele andere kleine Motorboote unterwegs, mit denen uns eines verbindet: die Unfähigkeit, ein Boot zu steuern. Das Problem: Boote haben keine Bremsen. Und treiben ab und zu mal einfach seitlich ab. Und noch ein Problem: durch die meisten Brücken Amsterdams passt nur ein Boot zugleich durch. Und Amsterdam hat viele Brücken.
Die Dämmerung lässt Amsterdams Lichter Stück für Stück erleuchten. Und plötzlich hat man das Gefühl, man sitzt mit in der Küche des Hausboots, oder im Wohnzimmer der Villa mit riesiger Fensterfront zum Kanal, an dem man nur einen halben Meter entfernt vorbeifährt.
Durch das ganze In-andere-Leute-Fenster-starren fällt es uns erst nach einiger Zeit auf, dass uns nur mehr Boote entgegenkommen am immer enger werdenden Kanal, und kein Boot in die selbe Richtung fährt. Gegen die Einbahn erreichen wir endlich den breiten Hauptarm der Amstel und gesellen uns wieder unter die hunderten anderen Boote, sogar nackte Hinterteile blitzen von Jungesellenfeierbooten unter der Mageren Brug herüber.
Die Stadt ist inzwischen hell erleuchtet, das Wasser schwarz und die Luft eiskalt. Über die Prinsengracht geht’s zurück in den Jordaan, von der Gracht, den schimmernden Lichtern, dem Bootsstau, den beleuchteten Brücken, zurück auf festen Boden.
Hallo A.
„Lies mal“ sagte ich zu Gabi, nach den ersten Bildbeschreibungen, „Sie schreibt ja schon wie eine Buchautorin“, bis du mir dann die ganze Romantik wieder weggetextest hast. Aber genauso ist das Leben, mal kitschig schön, und dann wieder schwer zu verdauen.
Schöne Fotos! Man fühlt sich so richtig mittendrin, und das ohne Stress. Freue mich schon auf Indische Impressionen. Griaß enk!
Hallo Wolfgang,
Freut mich dass das so rüberkommt. Wir sind gerade am Rucksackpacken für Indien, damit das was wird mit den Indischen Impressionen. ..
Lg Astrid
Moin,
eine Grachtenfahrt ist Pflicht in Amsterdam, habe ich damals auch gemacht! 🙂
Schaut gerne mal bei mir vorbei: http://www.tobiashoiten.de
Beste Grüße
Tobias