Astrid_Australien (376)

Begegnung im Tal des Windes

Nach dem ersten Aussichtspunkt des Weges verebbt endlich das unentwegte Geschwafel der Reisegruppe, die mir seit etlichen Minuten an den Fersen klebt. Gefangen zwischen den steilen roten Felswände in der Schlucht der wie achtlos hingeworfenen Steinblöcke der Kata Tjuta werden die Stimmen aus hunderten Richtungen wieder zurückgeworfen und erzeugen aus dem Stimmengewirr mitten im australischen Nationalpark eine Geräuschkulisse wie in einem Bienenstock vor Einsetzen des mysteriösen Bienensterbens.

Markus_Australien (360)

Schritt für Schritt komme ich der unübersichtlichen Kuppe näher, über die der steile Weg durch die Schlucht führt. Die glattgewitterte, und doch raue Oberfläche der riesigen Felsformation scheint zu glühen. Im Schatten der Schlucht strahlt der rote Fels die von der australischen Wintersonne gespeicherte Hitze aus. Die Luft flimmert, verwirrt von der Hitze von allen Seiten und lechzend nach einem Windhauch. Die unwirkliche, kontrastreiche Landschaft der roten Steine im strahlend blauen Himmel, die unerträgliche Hitze und der steile Anstieg rauben mir den Atem. Ein paar schweißverklebte Schritte noch und ich stehe am Sattelpunkt.

Astrid_Australien (353) Markus_Australien (364)

Stille. Ein zaghafter Windhauch wie aus dem Nichts. Der Blick hinunter in die buschgrüne Ebene, Sonne, ein Rahmen aus glühendem rotem Fels.

Meine Schritte hinunter in die leicht hügelige Ebene werden von einem lautlos müde plätschernden Rinnsal begleitet. Zwischen Gebüsch und verkrüppelten Bäumchen bleibe ich stehen und genieße den Wind der durch meine Haare, meinen Nacken und die trockenen Gräser am roten Boden streift, das sanfte Rauschen, warme Sonnenstrahlen.

Astrid_Australien (357)

Plötzlich ein Geräusch. Das dumpfe regelmäßige Abprallen eines schweren Körpers im Sand. Poff, poff, poff… Ich vermeine sogar die Vibration am Boden zu spüren.

Das Geräusch kommt näher. Gespannt starre ich in die blass grünen Büsche.

Ein riesiges Känguru erscheint zwischen den Asten eines umgefallenen Baumes. Es verharrt. Es starrt mich an. Ich starre zurück. Das Tier überragt mich sicher um einige Zentimeter. Die riesigen, kräftigen Läufe stehen im roten Sand. Am irgendwie pferdeähnlichen Kopf sitzen zwei aufmerksam aufgestellte Ohren. Das nervöse Surren der Insekten bricht mit der Stille um uns herum und bringt zu Bewusstsein, dass wir nicht vollkommen allein im Tal sind.

Erst mein Griff zur Fotokamera um den Moment festzuhalten zerstört die Trance. Mit meterweiten, schweren Sprüngen verschwindet es wieder zwischen dem Dickicht im Tal des Windes.

Markus_Australien (365)

Astrid_Australien (325)

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