September 2010
Die Warntafel mit dem Hinweis „road subject to flooding“ steht einsam neben dem kaum befahrenen Highway zum Kings Canyon und verschwindet langsam im Rückspiegel unseres gemieteten Campervans. Ein paar Tage früher hatte ich noch über die Sinnhaftigkeit solcher Schilder in einem der trockensten Gebiete der Erde Gedanken gemacht. Doch jetzt versuche ich das Auto im Dauerregen über die stellenweise unter Wasser stehende Straße zurück nach Alice Springs zu lenken. Ohne Blick auf den Kings Canyon. Bei einer Raststation die mit dem zweifelhaften Genuss von Burger aus Kamelfleisch wirbt erzählte man mir, dass die Straße vermutlich in wenigen Stunden unpassierbar sein wird und gesperrt werden würde. Auf welcher Seite der Strasse wollte ich lieber sein? Beim Canyon und warten bis sich der Regen wieder legt? Oder die 4 Stunden am eintönigen Highway wieder zurückzufahren? Und sicher den für 3 Tage später gebuchten Flug von Alice Springs nach Cairns erwischen? Zumindest eintönig war die Fahrt zurück nicht. Das Outback verwandelte sich unter der dem anhaltend grauen Wolkenhimmel in ein rotes, trübes Meer. Und ich fragte mich ernsthaft, ob es sich beim Bild von der staubtrockenen, mit rotem Sand bedeckten Ebene mit seltsamen Felsformationen unter der erbarmungslos herunterbrennenden australischen Sonne nur ein künstlich vom australischen Tourismusverband in die Welt gesetztes Gerücht handelt und das Wetter hier genauso verregnet ist wie in Mitteleuropa. Doch nun saß ich in Alice Springs fest. Alice Springs macht ihren Ruf als hässlichste Stadt der Welt alle Ehre, besonders bei Regenwetter. Laut Reiseführer ist das Highlight der aus Baracken bestehenden Innenstadt ein Einkaufszentrum. Doch dadurch ergab sich in der ursprünglich mit Outdooraktivitäten verplanten Zeit Gelegenheit, das Red Center von einer anderen Seite kennenzulernen. Um der Langeweile der Stadt zu entgehen, beschloss ich, die vielbeworben Einrichtungen wie die Flying Doctors und die School of the Air zu besuchen. Und war positiv überrascht. Besonders die School oft he Air gab einen interessanten Einblick in das Leben australischer Kinder in der Abgeschiedenheit des Northern Territories. Für jedes schulpflichtige, australische Kind wird Unterricht über Funk oder übers Internet sowie die Geräte zum Empfang dessen mit großem technischen und finanziellen Aufwand zur Verfügung gestellt. Doch ein Detail entging mit bei der Präsentation dieses Vorzeigeprojekts. Und erst der Taxifahrer zum Flughafen machte mich darauf aufmerksam. Dennis, der Taxifahrer erwies sich als sehr mitteilsam und schaffte es in wenigen Fahrminuten seinen gesamten Lebenslauf mitsamt Zukunftsplänen näherzubringen. Auch ich erzählte, was ich die letzten Tage so getrieben hatte, doch das Stichwort School of the Air löste eine neue Wortlawine aus. Ob sie uns auch erzählten hätten, dass das australische Gesetz der Schulpflicht für ALLE unterschiedlich für weiße und aboriginial Kinder ausgelegt wird? Kindern von Farmern, die ja doch trotz der Abgeschiedenheit in Wirklichkeit Großgrundbesitzer sind, wird die School oft the Air zur Verfügung gestellt. Aborigine-Kinder in Siedlungen im Outback werden meist in Missionsschulen unterrichtet, von Lehrern die nicht die gleiche Sprache wie die Kinder sprechen, daher auch ohne großen Erfolg und mit geringer Anzahl an Zuhörern [1,2]. Das Problem sei der Regierung bewusst, doch anscheinend nicht wichtig genug, ALLEN australischen Kindern eine geeignete Bildung zukommen zu lassen und es würde nichts dagegen unternommen, dass große Teile der (schwarzen) Bevölkerung das nicht adäquate Schulangebot nicht annehmen und als Konsequenz auch keine Chancen am Arbeitsmarkt haben. Doch ALLE zählen anscheinend nicht gleich in Australien. Ich verließ Alice Springs mit einem etwas schalen Geschmack auf der Zunge.
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