September 2013
Ich sitze auf der Insel Taketomi am Rand des Hoshizuna-Strandes im Schatten eines Baums unter dem ich mich vor der japanische Mittagssonne verstecke, lasse meinen Blick aufs endlose Blau des südchinesichen Meeres schweifen und trinke zufrieden aus meiner Flasche Pocari Sweat. Richtig gelesen, ich trinke etwas das sich Schweiß nennt und außerdem sehr gut schmeckt. Warum sich ein so köstliches Getränk nicht auch in Europa durchsetzt? Könnte es etwa sein dass der Name nicht ganz geschickt gewählt wurde? Aber der Name der Limonade es nicht, der die Skurrilität dieser Szene prägt. Eher zieht ein höchst seltsamer, sich periodisch wiederholender Vorgang meine volle Aufmerksamkeit auf sich. Denn in regelmäßigen Abständen versperrt eine Reisegruppe, meist aus älteren Japanern, langärmlig bekleidet und mit Sonnenschirm und Sonnenhut gewappnet, meine Sicht auf das flache, hellblau leuchtende Wasser der Bucht. Nein, das ist nicht sonderlich überraschend auf einer japanischen Insel. Und über die passende Art von Strandmode lässt sich in Zeiten von Ozonloch, Hautkrebs und Co. sowieso diskutieren. Überraschend ist jedoch dasselbe seltsame Verhalten das all diese Menschen bei Betreten des Strandes an den Tag legen: nach einer kurzen Erklärung der Reiseleitung bücken sich alle wie auf Kommando und greifen mit beiden gestreckten Handflächen in den feinen Sand, ziehen sie vorsichtig wieder zurück und betrachten dann minutenlang, meist in hockender Pose und zum Teil einander beratend die mit Sand bedeckten Handflächen. Nach einer weiteren Erklärung des Reiseführers wird der Sand wieder abgeputzt und Reisegruppe ab. Kurze Pause mit Inselidyll. Die nächste Reisegruppe betritt den Strand. Selbes Schauspiel. Wiederholung. Immer wieder und am ganzen Strand hockende Leute, die auf die Handflächen oder in den Sand starren.
Ganz klar: all diese Leute betrachten sternförmige Sandkörner am Hoshizuna-Strand, oder zu Deutsch: Sternensand. Diese bestehend eigentlich aus den Überresten kleinster Meereslebewesen, genauer: Foraminiferen, die hier vom Meer aus den umliegenden Korallenriffen angespült werden.
Natürlich, wenn alle die Hände in den Sand strecken, muss ich es ihnen gleichtun. Das Ergebnis ist mittelprächtig: ich sehe zwar seltsam geformte Salzkörner, würstelförmige, kugelige, oktraedrische, trigonal pyramidale, aber leider nur mit sehr viel, wirklich sehr viel Fantasie sternförmige.
Ansonsten ist Taketomi sehr ruhig. Die Insel ist nur ca. 5 km2 groß, daher ist das Hauptverkehrsmittel das Fahrrad. Faulere lassen sich von Ochsen in Taketomi-Dorf die staubigen Straßen entlang ziehen. Im Dorf reihen sich traditionelle Häuser mit Elemente des Ryukyu-Stils aneinander.
Taketomi ist sehr flach. So flach, dass ein auf einer kleinen Erhöhung, ungefähr 3 m hoher Aussichtsturm reicht, um die gesamte Insel zu überblicken. Dies ist jetzt nur eine Annahme von mir, denn natürlich haben außer mir noch hunderte Japaner das Bedürfnis, von ganz oben runterzuschauen, doch ein Blick auf die Warteschlange überzeugt mich davon, dass ich auch mit einem Foto von 3m tiefer sehr gut leben kann. Denn eins ist klar: richtig ruhig wird es erst, wenn die letzte Fähre wieder Richtung Ishigaki-Stadt unterwegs ist und sich die Inselbevölkerung wieder um ca. 99% reduziert. Dann werde jedoch auch ich auf der Fähre sein und zurückschauen auf die kleine Insel der Yaeyama-Gruppe.
Pocari Sweat, lecker!
Tja, Touristen in Japan sind noch mal was ganz besonderes 😉 Wärst du denn gern länger da geblieben, oder reicht der Tagestrip dann auch?
LG, Jenny
Ich finde für Taketomi reicht ein Tag, ist ja sehr klein die Insel. Auf Ishigaki war ich 5 Tage, aber da wär ich gern noch länger geblieben… Warst du auch auf Taketomi?
Ich war noch gar nicht auf Okinawa bis jetzt. Die Berichte sind halt sehr zwiegespalten – die einen sagen traumhaft, die anderen meinen, dass Japan in Sachen Tropen eben doch nie so schön ist wie Südostasien. Und wegen des Extra-Fluges bin ich (mit 3 Kindern) eben doch recht knauserig, und bleibe bisher lieber auf den Hauptinseln. Nächstes Jahr wollen wir mit dem Campervan durch Tohoku fahren.
Schreibst du noch mehr über Ishigaki? Dann stimmst du den Familienrat vielleicht noch um 🙂
Tohoku klingt auch cool. Ist das ganz im Norden von Honshu? Autofahren dort ist sicher interessant. Da bin ich ja schon auf den Reisebericht gespannt… Ich finde, Okinawa kann leicht mit Hawaii mithalten, aber es ist halt auch Geschmackssache. Und Zufall. Ich werd versuchen noch was über Ishigaki zu schreiben, aber das wird ein bißchen dauern, denn jetzt geht’s erst mal nach Indien! ☺